»Geodaten sind alle Daten mit direktem oder indirektem Bezug zu einem bestimmten Standort oder geografischen Gebiet.« (Geodatenzugangsgesetz, § 3 Abs. 1) Die Fachwelt unterscheidet zwischen analogen und digitalen Geodaten. Demnach bestehen gedruckte Karten aus Papier genauso aus Geodaten, wie Karten auf einem Bildschirm.
Im Gegensatz zu Papierkarten lassen sich aber mit digitalen Geodaten auf nie dagewesene Weise komplexe raum-zeitliche Zusammenhänge visualisieren und analysieren, um Geoinformationen zu gewinnen. Diese werden als »DNA der Digitalisierung« bezeichnet und mit Sequenzen des Erbgutes verglichen, indem sie beim digitalen Wandel eine Steuerungsfunktion übernehmen. (Müller/ Schmunk 2018). Das ist weit mehr, als gedruckte, statische Papierkarten zu leisten je im Stande waren. Damit besitzen Geodaten und Geoinformationen heute eine größere Bedeutung für Wirtschaft, Verwaltung und Wissenschaft, als gemeinhin noch immer angenommen wird. Der Markt der Telekommunikation lässt allein im Hinblick auf Navigations- und Tracking-Anwendungen das gewaltige Geschäftsfeld erahnen. Schätzungsweise 80 Prozent aller Verwaltungsentscheidungen haben Raumbezug, was die große Bedeutung von Geodaten für Behörden greifbar macht.
Auf der INTERGEO – der bedeutendsten internationalen Messe mit Konferenz für Geodäten, Geoinformatiker, Kartografen, Behörden und Unternehmen in diesem Tätigkeitsfeld – ist die Rede vom Ziel, den digitalen Zwilling der physischen Welt weiter zu entwickeln, um Deutschlands Oberfläche »maschinenlesbar« zu machen. »Was Du nicht messen kannst, kannst Du auch nicht lenken«, heißt es in Bezug auf das Internet der Dinge, das die wachsende Vernetzung und Zusammenarbeit physischer und virtueller Objekte für die Steuerung einer automatisierten Welt meint und auf der Erhebung und Verarbeitung von Massendaten (Big Data) beruht.
Noch befinden wir uns auf dem Weg in diese Welt, in der digital vernetzte Städte – sogenannte Smart Cities – ein nachhaltiges Leben versprechen. Für die Verwirklichung der Vision vom digitalen urbanen Raum bilden Geodaten die entscheidende Voraussetzung. Als »Daten, die räumliche Strukturen und Prozesse modellhaft nachbilden«, sollen Geodaten dazu dienen, städtische Räume als digitalen Zwilling zu erzeugen, um damit die Entwicklung urbaner Zentren als hyperkomplexe Bedingungsgeflechte rechnergestützt effektiver planen, in Echtzeit steuern und im Alltag für jedermann bedarfsgerechter nutzbar machen zu können. In Konstanz heißt das beispielsweise: »Die Bereiche Verwaltung, Stadtplanung, Leben, Mobilität und Wirtschaft werden so miteinander vernetzt, damit eine fortschrittliche, grüne und inklusive Smart City entsteht.«
Dass Geodaten und elektronische Karten in der vernetzten digitalen Welt zunehmend an Bedeutung gewinnen, ist an der wachsenden Individualisierung der Kartographie abzulesen. Die amtliche Karte ist kein Endprodukt mehr, sondern eine Datenbasis, um individuelle Karten herzustellen. Das traditionelle Konzept »eine Karte für viele Anwendungen« verliert an Bedeutung. Stattdessen heißt es heute: »für jede Anwendung eine passende Karte«.
Für nahezu jeden Bedarf lassen sich ultra-spezielle Karten auf kollaborativer Datenbasis in kürzester Zeit automatisiert herstellen. Altvertraute Gewohnheiten, wie der Blattschnitt eines papierenen Kartenwerkes, gehören der Vergangenheit an. Künftig wählt der Nutzer den Inhalt und Ausschnitt seiner Karte selbst. Mit MapOnDemand oder SmartMapping bieten amtliche Stellen bereits Web-Vektorkarten an, um einerseits unterschiedlichen Bedarfen gerecht zu werden, andererseits, um die Grenzen des technisch Machbaren sowie des sachlich Zweckmäßigen auszuloten.
Was all diese Entwicklungen für die künftige Arbeit der Bibliotheken genau bedeuten, ist eine unbeantwortete, aber zunehmend drängende Frage, die der Klärung bedarf. In erster Linie ist ein Konzept notwendig, moderne elektronische kartographische Produkte und ihr Potential überhaupt erst zu überblicken, Bedarfe zu ermitteln und für die wissenschaftlichen Zwecke der Nutzenden niedrigschwellig zugänglich zu machen. Zudem muss ein Konzept für die verlässliche Verfügbarkeit dieser Daten gefunden werden.
Die digitale vernetzte Welt ermöglicht redundante Strukturen zu vermeiden und einen nie dagewesenen Grad arbeitsteiliger Lösungen zu erreichen. Dies zu unterstützen, ist das Ziel des neuen Referats Digitale Kartographie und Geodaten der Kartenabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz.
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